Psychodrama ist eine in Österreich anerkannte psychotherapeutische Methode, die handlungs- und ressourcenorientiert ist. Ziel psychodramatischer Arbeit ist, aktivierend zu wirken, gelingende Begegnung mit anderen Menschen sowie Spontaneität zu fördern – im Sinne einer lebendigen und situationsadäquaten Handlungsfähigkeit.
Psychodrama ist dadurch gekennzeichnet, dass es einen bemerkenswert großen und umfangreichen „Methodenkoffer“ besitzt, der mit den verschiedensten Techniken, Arrangements und Handwerkszeugen angefüllt ist. Zu den bekanntesten Arrangements zählen das psychodramatische Rollenspiel sowie die psychodramatische Aufstellungsarbeit. Beide können sowohl im Einzel- als auch Gruppensetting zum Einsatz kommen. Insbesondere aufgrund dieser szenischen Arrangements wird das Psychodrama häufig als sehr realitätsnah und bereichernd empfunden.
Psychodrama definiert sich als eine humanistische Methode, die davon ausgeht, dass der Mensch von Natur aus gut und bestrebt ist, sein volles Potenzial zu entfalten. Diese Haltung und das dazugehörige Menschenbild sind Grundlage für meine psychotherapeutische Arbeit.
Beim Begriff „Psychodrama“ denken viele Menschen als Erstes an ein Theaterstück, das „dramatisch“, „tragisch“ und vielleicht sogar „schrecklich“ ist. Tatsächlich werden die Problemstellungen durch Rollenspiele auf die Bühne gebracht, und jeder Mensch kann so seinen Problemen und Konflikten auf den Grund zu gehen.
Persönliche Themen zeigen sich unmittelbar und überraschend klar, Lösungsansätze können buchstäblich „durchgespielt“ werden. Der Zugang ist jedem möglich, womit diese Methode für mich die inklusivste psychotherapeutische Methode ist.
In Österreich ist Psychodrama eine der vom Bundesministerium für Gesundheit zugelassenen Psychotherapie-Fachrichtungen und wird als eine heilende Intervention von der Krankenkasse unterstützt.
Für hörbeeinträchtigte Menschen habe ich einige dieser Techniken adaptiert, damit diese tatsächlich barrierefrei sind. Hier erfahren Sie mehr.
Der Mensch ist als vereinzeltes Individuum nicht vorstellbar, denn er ist immer auf jemanden bezogen, das, was wir als Individualität beschreiben, entsteht erst in Interaktionszusammenhängen. Der Mensch ist kein Individuum, sondern ein „Sozialatom“, sagt Moreno. Damit ändert sich der Zugang zum Menschen grundlegend, denn wir können nicht mehr bei der Frage stehen bleiben, was der Mensch ist, sondern müssen uns damit beschäftigen, was zwischen Menschen passiert.
Im Psychodrama wird von der „Szene“ ausgegangen, die „auf die Bühne“ gebracht wird. Szenen aus der Vergangenheit, aus der Gegenwart, aber auch aus der Zukunft. Bühnen können imaginär sein, das heißt, nur in der Vorstellung bzw. im Gespräch oder als Tischbühne erscheinen, auf der mit kleineren Spielfiguren wie Playmobilfiguren gespielt wird, oder tatsächlich als realer Raum erlebt werden, bei der auch Requisiten wie aus dem Theater zum Einsatz kommen. Durch den Einbezug von Räumen und den Einsatz von mehreren Stühlen (im Einzelsettting) werden wichtige Perspektivänderungen möglich und neue Sichtweisen erobert.
Moreno geht nicht von soziologischen Rollen aus, sondern von Rollen, die im Stehgreiftheater spontan entstanden sind und spontan gespielt werden. Die einzige Rolle, die Moreno als vorgegeben akzeptiert, ist die Rolle „Gott“. Die einzig wahre Alternative zur Übernahme einer vorgegebenen Rolle sei der Rollentausch mit Gott. Morenos Idee ist, dadurch so zu tun, als ob man mit seinen eigenen Entscheidungen die Verantwortung für den gesamten Kosmos übernehme und sich damit aber auch ein Spielraum auftut, der letztendlich zu einer Rollenerweiterung führt. Dadurch bekommt der Mensch einen Bezug zu seiner Vision über sich und die Welt und teilt sie auch (sich) und den anderen mit, und wenn der Mensch eine Rolle so lang verkörpert bis er völlig in dieser Rolle aufgeht, wenn aus Schein Sein wird, dann ist es möglich, dass der Mensch sich in immer neuen Dimensionen wahrnimmt, entwirft und realisiert.
Der/die Therapeut*in ermuntert den/die Patient*in in die Rolle von Gott zu schlüpfen, um das Gefühl für Handlungsmöglichkeit zu bekommen. Und auch diesen Prozess erweitert Moreno auf die Gruppe: „Durch die experimentelle Verkörperung einer Idee wird die höchstmögliche Konzentration einen Zustand hervorgebracht und dessen exaktest mögliche Erfahrung erreichbar.“ Dadurch wird gerade auch ein kollektiver Erkenntnisgewinn, wie die Inklusion möglich.
Mehr über den Rollentausch mit Gott lesen Sie auf der Seite „Was mich prägt“.
Als psychodramatische oder psychologische Rolle beschreibt Moreno die Rollen, die die psychologischen Dimensionen des Selbst zum Ausdruck bringen, also Rollen, die mit emotionalen Zuständen korrespondieren. Und es gibt soziale Rollen, mit der sich die gesellschaftliche Dimension erschließt, wie z.B. Mutter, Tochter, Lehrer etc. Rollen sind individuell und kollektiv geprägt. Die Rolle drückt die individuelle Lebensgeschichte des einzelnen aus, in der persönliche Erfahrungen aber auch kulturelle Vorgaben integriert und gestaltet werden. Beide Rollenteile treten stets im „Rollenhandel“ miteinander auf.
Damit kann auch der Begriff „Sekundärbehinderung“ nachvollzogen werden: Behinderung entsteht erst in der Beziehung zwischen Individuum und Gesellschaft. Erst im Miteinander bzw. der Definition von Behinderung in Abgrenzung zur Nichtbehinderung wird die Rolle des Behinderten manifest und führt zur bereits erwähnten „Sekundärbehinderung“.
Dieser Rollenbegriff von Moreno passt gut zum interaktionistischen Modell von Behinderung in der Behindertenrechtskonvention.
Zugleich sagt Moreno, dass wir uns unser ganzes Leben lang entwickeln und sich auch unsere Rollen verändern. Moreno brachte damit wohl als einer der ersten innerhalb der modernen sozialwissenschaftlichen Diskussion ein Modell lebenslanger Sozialisation und Entwicklung ein.
Michael Schacht, Psychodramatiker unserer Zeit, hat die rollentheoretischer Überlegungen Morenos mit allen ihm zu Verfügung gestandenen entwicklungspsychologischen Theorien verknüpft und eine eigenständige psychodramatische Entwicklungstheorie entwickelt – ein wertvolles Erklärungsmodell für die Symptomatiken, die meine Klienten und Klientinnen zeigen.
Ein wesentlicher Bestandteil dabei ist die Bindungstheorie von John Bowlby, die Arbeit mit dem inneren Kind, der Ansatz der Resilienz und die Lehre der Salutogenese.
Manfred Stelzig entwickelte die Idee des Ursehnsuchtsprogramms und schrieb dazu den Bestseller „Krank ohne Befund“. In einem Vortrag beschreibt er seine Idee. (zu sehen auf Youtube).
Verwendet Michael Schacht als Anschauungsmodell eine Torte mit ihren Schichten, verwende ich dafür die Puppe Babuschka, wobei sich unlängst ein Klient lachend beschwert hat, dass er sich hier ja mit einer Frau identifizieren müsste. Natürlich gibt es hier mehrere Babuschkas, die einander begegnen …, wie auch die erwachsene Babuschka ihrem inneren Kind sehr anschaulich begegnen kann.
Mag.a Veronika Leibetseder MSc
Rasche Hilfe für Menschen
in seelischer Not.